Wer Hunde hat, muss Hunde füttern – und wer Hunde füttert, der hat die Qual der Wahl! Das Sortiment an Futterprodukten für Hunde ist mehr als reichlich bestückt und die Masse an Marken und Möglichkeiten kann einen auch schon mal in die Verzweiflung treiben. Neben den diversen unterschiedlichen Fütterungsformen wie Nassfutter, Trockenfutter oder Barf gibt es auch noch Dutzende unterschiedlicher Firmen mit zum Teil mehreren verschiedenen Futterlinien und Sorten. Die Marketingstrategien vieler Hersteller sind auch nicht unbedingt hilfreich bei der Auswahl, verspricht doch jeder Werbetext, dass genau dieses Produkt nun das Beste, Natürlichste, Gesündeste, einfach Optimalste für deinen Hund ist! Firmen arbeiten vor allem für Umsatz und um diesen zu erreichen, wird auch gerne mal getrickst, gemogelt oder schöngeredet – die Konkurrenz ist schließlich groß.

Wie also durchsteigen durch den Dschungel der Futtermittelindustrie? Wie „das Beste“ für den Hund finden? Wer versucht, sich zu belesen oder nach Meinungen zu Futter X oder Marke Y fragt, hört immer wieder Sätze wie „Das Futter ist nicht bedarfsdeckend“, „Das Futter muss ergänzt werden“ oder „Das Futter ist deckend“. Gerne erhält man bei der Frage nach Futterempfehlungen auch die Antwort „Das Futter muss vor allem bedarfsdeckend sein“. Und was bedeutet das nun wieder? Schauen wir mal gemeinsam genauer hin!

Nahrung = Energie

Starten wir mit einem kleinen Blick in die Wissenschaft und der Frage, was denn überhaupt Sinn und Zweck eines Futters ist.

Im Körper unserer Hunde (und ebenso in unserem eigenen Körper) finden fortlaufend unterschiedliche Auf-, Ab- und Umbauprozesse statt. Für diese Vorgänge und die damit verbundenen Körperfunktionen (wie zum Beispiel Muskelbewegungen, Wachstum, Aufrechterhaltung der Körpertemperatur oder Atmung) benötigt der Körper Energie. Diese Energie wird durch den Abbau von bestimmten Nährstoffen bereitgestellt: Kohlenhydrate, Fette und Eiweiß. Diese „Energieversorger“ werden über die Nahrung aufgenommen und versorgen somit das „Kraftwerk“ mit der notwendigen Energie, um den Körper am Leben zu erhalten. Fette sind dabei der beste Energielieferant, gefolgt von Eiweiß.

Quelle: FEDIAF Nutritional Guidelines, https://www.ivh-online.de/fileadmin/ivh/user_upload/Branchenleitlinien/FEDIAF_Nutritional_Guidelines_2018_online_Einzelseiten.pdf

Die Aufnahme von Nahrung gewährleistet also die Versorgung des Körpers mit Nährstoffen. Die Energiequellen Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß stellen dabei die Hauptnährstoffe dar. Kohlenhydrate spielen für unsere Hunde eher eine untergeordnete Rolle: Sie können zwar verstoffwechselt werden und somit als Energielieferant dienen, wie wir hier bereits gelernt haben, Proteine und Fette stellen für Hunde aber die bevorzugten Energielieferanten dar.

Nahrung = Nährstoffe

Zusätzlich zu den Energielieferanten braucht das „Kraftwerk“ Körper aber noch weitere Nährstoffe, um reibungslos zu funktionieren: Fett- und Aminosäuren, Vitamine, Mengenelemente und Spurenelemente werden für unterschiedlichste Stoffwechselprozesse benötigt.

Fettsäuren sind die Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Besondere Wichtigkeit für unsere Hunde besitzen die Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Alpha-Linolsäure. Bei den Omega-6-Fettsäuren sind Docosanhexaensäure (DHA) und Linolsäure hervorzuheben.

Für Hunde essentiell sind die 12 Aminosäuren (Arginin, Histidin, Isoleucin, Cystin, Tyrosin, Lysin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan, Leucin, Methionin und Valin).

Bei den Vitaminen benötigt der Hundekörper Vitamin A, mehrere B-Vitamine sowie die Vitamine C, D, E, H und K.

Mengenelemente sind Kalium, Calcium, Natrium, Phosphor, Chlor und Magnesium. Jod, Kupfer, Eisen, Mangan, Selen und Zink stellen die Spurenelemente dar. Diese beiden Gruppen werden gern auch als Mineralstoffe zusammengefasst.

Quelle: FEDIAF Nutritional Guidelines (2018), https://www.ivh-online.de/fileadmin/ivh/user_upload/Branchenleitlinien/FEDIAF_Nutritional_Guidelines_2018_online_Einzelseiten.pdf

All diese Nährstoffe benötigt der Körper, um reibungslos seinen Job machen zu können. Damit das „Kraftwerk“ langfristig rund läuft und gesund bleibt , müssen die einzelnen Nährstoffe aber nicht nur irgendwie vorhanden sein, sondern im Idealfall den jeweiligen Bedarf des Körpers decken. Ein „zu viel“ oder „zu wenig“ kann zu Schäden führen oder dafür sorgen, dass bestimmte Stoffwechselprozesse nicht mehr oder nur noch eingeschränkt funktionieren – im schlimmsten Fall nehmen Organe oder Körperstrukturen irreparabel Schaden. Damit landen wir dann beim Stichwort Bedarfsdeckung.

Bedarfe über/unter/decken?

Die Nahrungsaufnahme versorgt den Körper also mit Energie und allerhand Nährstoffen zur Bewältigung diverser Prozesse.

Wenn der Körper dauerhaft mehr Energie mit der Nahrung zugeführt bekommt, als er benötigt, wird die überschüssige Energie „eingelagert“ – wir kennen es wohl alle, der Körper nimmt zu. Wird hingegen langfristig betrachtet weniger Energie mit der Nahrung zuführt, als der Körper tatsächlich verbraucht, muss die Energie anderweitig hervorgezaubert werden, nämlich aus körpereigenen Reserven – der Körper nimmt ab. In beiden Szenarien kann eine Überversorgung mit Nährstoffen oder eine Mangelernährung entstehen, denn mit der Menge und der Auswahl der Nahrungsbestandteile steht und fällt auch die aufgenommene Nährstoffmenge.

Um den Bedarf eines Körpers zu decken und dabei weder zu viel noch zu wenig des Guten zu tun, benötigen wir also nicht nur eine körperangepasste Zufuhr an Energie, sondern auch eine adäquate Abdeckung der weiteren Nährstoffe. Das klingt in der Theorie erst einmal recht einfach, kann in der Praxis aber kompliziert werden – zum Beispiel dann, wenn ein Hund sehr aktiv ist und demnach viel Energie benötigt, aber durch eine erhöhte Futterzufuhr eine Überversorgung mit weiteren Nährstoffen entstehen würde. Ebenso verhält es sich mit Hunden, die abnehmen sollen oder sehr schnell an Gewicht zulegen: Eine Verringerung des Futtermenge a la „Friss die Hälfte“ stellt zwar weniger Energie bereit und führt vielleicht zu einer Gewichtsreduktion, sorgt aber auch dafür, dass die Nährstoffe zu kurz kommen.

Der Bedarf eines Hundes

Ihr merkt schon, hinter dem Wort „Bedarfsdeckung“ steckt mehr als ursprünglich vielleicht gedacht. Nicht nur die Energiezufuhr muss zum Aktivitätslevel des Hundes passen, sondern auch die Nährstoffabdeckung im Verhältnis zur Futtermenge und dem Bedarf des jeweiligen Tieres. Aber woher zaubern wir denn nun diesen Bedarf – was braucht mein Hund täglich im Napf?

Es gibt unterschiedliche Quellen, die sich intensiv mit den Bedarfswerten von Hunden auseinandergesetzt und diesbezüglich Richtungsangaben herausgegeben haben. Die bekanntesten sind wohl das National Research Council (NRC), ein amerikanisches Gremium, welches von der „US National Academy of Sciences“organisiert wird, und FEDIAF, der europäische Verband für Heimtiernahrung. Die zusammengetragenen Nährstoffbedarfswerte dienen vorrangig der Fertigfuttermittelindustrie, um Futtermittel bedarfsdeckend herzustellen. Hierfür werden beispielsweise Richtlinien wie die FEDIAF Nutritional Guidelines veröffentlicht und fortlaufend aktualisiert.

Daher hat die FEDIAF die vorliegenden „Richtlinien für Allein- und Ergänzungsfuttermittel für Katzen und Hunde“ zusammengestellt, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Katzen- und Hundeernährung basieren und den Herstellern von Heimtiernahrung Empfehlungen zur Verfügung stellen, um eine Produktion von ausgewogener und gesunder Heimtiernahrung sicherzustellen.

FEDIAF Nutritional Guidelines (2018)

In den Richtlinien finden sich Empfehlungen zu minimalen und maximalen Nährstoffgehalten in Futtermitteln und zur Energieaufnahme sowie Anhaltspunkte zur Beurteilung des Nährwertes von Heimtiernahrung. Auch Themen wie Futtermittelallergien und toxische Stoffe werden behandelt. Neben der Zusammenstellung der für Hunde notwendigen Nährstoffe finden sich in den Richtlinien auch umfangreiche Tabellen mit empfohlenen Nährstoffgehalten und den legalen Höchstgehalten samt detaillierter Begründungen dieser Werte und Erklärungen zu den einzelnen Nährstoffen.

Ausschnitt aus „FEDIAF Nutritional Guidelines 2021“, https://europeanpetfood.org/wp-content/uploads/2022/03/Updated-Nutritional-Guidelines.pdf

Auch von NCR gibt es Empfehlungen hinsichtlich der Bedarfswerte und Online-Rechner, mit denen man anhand des Hundegwichtes die Bedarfswerte errechnen kann (beispielsweise hier).

Bedarf gut, alles gut?

Wissenschaftlich betrachtet gibt es also eine recht solide und fundierte Basis für die Bedarfswerte unserer Hunde, welche fortlaufend aktualisiert wird und sogar konkrete Empfehlungen für die Futtermittelindustrie beinhaltet. Da die Informationen zu diesen empfohlenen Nährwerten frei zugänglich sind, kann sich theoretisch jeder Hundebesitzer ausrechnen, welchen Bedarf der Vierbeiner zuhause tatsächlich hat. Man könnte nun natürlich blauäugig davon ausgehen, dass sämtliche Futtermittelhersteller sich an diese Richtlinien halten und wir aus einer Vielzahl bedarfsdeckender Futter auswählen können – oder eben auch nicht…

Tatsächlich gibt es erschreckend viele Futtermittel auf dem Markt, die leider nicht bedarfsdeckend zusammengestellt sind: Es fehlen beispielsweise oftmals Jod oder Vitamin D, das Calcium-Phospor-Verhältnis passt nicht, Spurenelemente werden zu knapp oder gar nicht ergänzt. Teilweise ist anhand der auf den Futtermitteln vorhandenen Deklarationen nicht einmal nachvollziehbar, was genau enthalten ist – geschweige denn, ob der Inhalt den Bedarfswerten entspricht. Genaue Futteranalysen, um detailliert nachzurechnen, werden jedoch auch nicht unbedingt freizügig herausgegeben.

Andersherum gibt es ebenso bedarfsdeckende Futtermittel, die den Hund mit allem versorgen, was er braucht, aber deren Zutatenliste nicht unbedingt berauschend klingt.

Fakt ist: Der Futterdschungel ist groß und manchmal ganz schön undurchsichtig. Nicht alles, was im Regal steht, ist bedenkenlos als Alleinfuttermittel geeignet oder bedarfsdeckend. Mit dem Stichwort Bedarfsdeckung im Kopf werden wir uns aber beim nächsten Mal noch etwas weiter ins Dickicht wagen und uns dem Thema Deklarationen näher widmen.

Wau, stay tuned!

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